Autonomie und Selbstbestimmung im Mittelpunkt
Mit Juli 2018 in Kraft getreten und im Fonds Soziales Wien (FSW) umfassend umgesetzt: Das neue 2. Erwachsenenschutz-Gesetz erweitert die Möglichkeiten der Selbstbestimmung von Menschen mit psychischen Krankheiten oder vergleichbaren Beeinträchtigungen der Entscheidungsfähigkeit.
Die neuen Regelungen bauen darauf auf, dass jede/jeder Erwachsene grundsätzlich als entscheidungsfähig gilt und ein Recht hat, soweit wie möglich – auch durch Unterstützung bei der Entscheidungsfindung – selbst über das eigene Leben zu bestimmen.
Ist jemand nicht (mehr) voll entscheidungsfähig, kann sie/er selbst einen – oder je nach Lebensbereich auch mehrere – Menschen wählen, die sie/ihn vertreten („gewählte Erwachsenenvertretung“). Wenn das der betroffenen Person nicht möglich ist, können weiterhin nächste Angehörige die „gesetzliche Erwachsenenvertretung“ übernehmen, wobei der Kreis der Angehörigen durch den Gesetzgeber erweitert wurde. Nur wenn keine andere Vertretungsform mehr in Betracht kommt, wird eine „gerichtliche Erwachsenenvertretung“ bestellt. An der Neugestaltung des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes hat auch der FSW aktiv im Begutachtungsverfahren mitgewirkt.
Selbstbestimmung als Errungenschaft
Das Erhalten der Handlungs- bzw. Entscheidungsfähigkeit jeder volljährigen Person, trotz Vorliegens einer Vertretung, war für den FSW und auch seine Kundinnen und Kunden die wohl wichtigste Errungenschaft.
„Autonomie und Selbstbestimmung unserer Kundinnen und Kunden stehen im Mittelpunkt. Wir gehen auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen ein und unterstützen sie in ihrer Entscheidungsfähigkeit.“
Um den Intentionen des Gesetzes zu entsprechen, wurden im FSW etwa Abläufe adaptiert, Formulare und KundInnenschreiben angepasst sowie mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KundInnenservice geschult. In den Beratungsgesprächen und bei Hausbesuchen wird besonders darauf geachtet, dass die KundInnen optimal dabei unterstützt werden, ihre Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen.
495 Stellungnahmen in Clearings
Wenn es doch berechtigte Zweifel an der Entscheidungsfähigkeit einer Kundin oder eines Kunden gibt, informieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über weitere Beratungsmöglichkeiten. Dazu zählt auch die Kontaktaufnahme mit einem Erwachsenenschutzverein. Um festzustellen, ob und in welcher Form ein Mensch eine Vertretung benötigt, führen Erwachsenenschutzvereine im Auftrag des Gerichtes (z. B. das VertretungsNetz für Wien) eine Abklärung, bekannt als „Clearing“, durch.
495
Stellungnahmen
des FSW in Clearings des VertretungsNetzes
Im Zuge dieses Verfahrens nutzt der FSW seine Möglichkeit zur Stellungnahme. Gerade das Wissen der FSW-MitarbeiterInnen aus vorangegangenen persönlichen Beratungen oder Besuchen bei den Kundinnen und Kunden kann einen wichtigen Beitrag zum Verfahren liefern. Im ersten halben Jahr nach dem Inkrafttreten des 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes sind bis Ende 2018 bereits 495 Stellungnahmen des FSW an das VertretungsNetz Wien gegangen.